„Die noch junge Konzertreihe „acoustics“ in der Rokoko-Kirche des Diersfordter Schlosses ist in kürzester Zeit zum Inbegriff eines außergewöhnlichen Kunsterlebnisses geworden. Die Schlosskirche ist ein Ort, der nicht nur aufgrund seiner architektonischen Schönheit, sondern vor allem seiner Akustik besticht, die ihn für Musikdarbietungen außergewöhnlich macht. Wenn hier auf kleinem Raum Konzerte von Weltrang geboten werden, begegnen sich Interpreten und Publikum auf Augenhöhe, kommen sich ungewöhnlich nahe.“

(Muziekbiennale Niederrhein)


Sonntag, 01. September 2024 / 15.00 Uhr

Camille Bertault und David Helbock
(Frankreich, Österreich)
„Playground“ 

„Eigenwillig und virtuos erkunden David Helbock und Camille Bertault das wundersame Spielfeld des Jazz“ (3sat Kulturzeit (AT/CH/DE))

Das Konzert von Camille Bertault & David Helbock wird Ihnen präsentiert von


Dieses Temperament, diese Stimme, dieses Feeling, dieser Schalk, diese Vielfalt – einfach hinreißend ist die französische Jazz-Sängerin Camille Bertault. Die 35jährige gilt als eine der größten europäischen Gesangsentdeckungen der letzten Jahrzehnte. Heute wird sie gefeiert, doch ihr Erfolg basiert eigentlich auf einem Flop. Aus dem hat sie das Beste gemacht. Als sie bei einer Prüfung am Pariser Konservatorium durchfiel, nahm sie aus Trotz eine Fassung von Coltranes ‘Giant Steps’ mit selbstironischem französischem Text auf und stellte ein Video auf Facebook. Das wurde mehr als 700.000mal geteilt und begeistert kommentiert – der virale Beginn einer Riesen-Karriere. Und jetzt trifft Camille auf den österreichischen Pianisten David Helbock – einen Zauberer auf den Tasten und im Inneren des Klaviers.
Helbock ist mehrfacher Preisträger des weltgrößten Jazzpianosolo Wettbewerbs des Jazzfestivals Montreux. 2011 wurde ihm der wichtigste Förderpreis Österreichs – der „Outstanding Artist Award“ – verliehen. Er ist als Komponist sehr aktiv und hat unter anderem ein Kompositionsprojekt veröffentlicht, bei dem er für ein Jahr lang jeden Tag ein neues Stück geschrieben hat. Diese Idee des „komponierten musikalischen Kalenders“ hat David Helbock vom legendären, brasilianischen Musiker Hermeto Pascoal – und hier treffen sich die musikalischen Welten von Camille und David – in der Liebe zu Hermetos Musik und brasilianischen Klängen im Allgemeinen. Und so bilden nun seine Hommage »Para Hermeto«, Egberto Gismontis »Frevo«, Björks »New World«, Monks »Ask Me Now« und Alexander Scriabins Cis-Moll Etüde Op. 2 No. 1 das Grundgerüst des Albums „Playground“, der „Spielwiese“, auf der das Duo ihre besonderen Qualitäten ausbreiten kann. Camille Bertault ihre einzigartige Kunst der Vokalise, mit der ihre Stimme die Melodie wie ein Instrument trägt. David Helbock wiederum seine Kreativität im Ausnutzen aller Klangmöglichkeiten seines Instruments, indem er nicht nur die Tasten, sondern auch die Saiten des Flügels dämpft und direkt bespielt, den Korpus als Perkussionsinstrument benutzt und die Klänge elektronisch verfremdet.
Das 2022 erschienene gemeinsame Album beim renommierten deutschen Label ACT Music bekam vom weltweit wichtigsten Jazzmagazin „Downbeat“ eine der ganz seltenen 5* Reviews.

Camille Bertault (Frankreich)- Stimme
David Helbock (Österreich)- Klavier, Percussion, Live-Loops, Effekte


Sonntag, 15. September 2023 / 15.00 Uhr

Jean Louis Matinier und Kevin Sedikki
„Rivages“

» Ein faszinierend filigranes Statement klanglicher Eleganz, ästhetisch widerspruchsfrei im Bedürfnis nach gestalterischer Harmonie.​« (Jazzthing, Juli/August 2020))

Der Akkordeonist Jean-Louis Matinier ist seit langem eine kreative Präsenz bei ECM-Aufnahmen. Er hat in Ensembles von kleinen Gruppen bis hin zu Orchestern gearbeitet, hat als Mitglied des französischen Orchestre National de Jazz gespielt und Juliette Gréco auf zahlreichen Tourneen begleitet. Kevin Sedikki studierte klassische Gitarre bei Pablo Márquez und hat mit vielen Improvisatoren aller Stilrichtungen zusammengearbeitet – vom Jazz bis zu transkulturellen Projekten.

Der Akkordeonist und der Gitarrist lernten sich vor fast einem Jahrzehnt in der französischen Abtei Royaumont kennen, die lange Zeit ein Zentrum für interkulturellen Austausch und Studium war. Das Konzept, das sie seitdem als „weltoffene Kammermusik“ beschreiben, blühte im Laufe mehrerer Jahre auf natürliche Weise auf. Seddikis Herangehensweise an den Rhythmus – und die manchmal perkussive Natur seiner Gitarrenarbeit – wurde durch seine Studien der iranischen Handtrommel Tombak oder Zarb beeinflusst, die er auch in Konzerten spielt. Zu Matinier bestand sofort eine Verbindung: „Wir teilen wirklich spezifische Vorstellungen von Klang und Rhythmus.“
Kevin Seddiki: „Es ist sehr selten, dass man sich an diesem Ort zwischen geschriebener Musik, improvisierter, älterer und neuer Musik trifft … aber mit viel gemeinsamem Vokabular.“

Das der Tournee zugrundeliegende Album „Rivages“ wurde im April 2018 in Lugano aufgenommen und von Manfred Eicher produziert. Die Bandbreite der auf „Rivages“ thematisierten Musik reicht von Gabriel Faurés „Les Berceaux“ bis hin zu Jacques Brels „Amsterdam“ sowie Kompositionen und Improvisationen beider Protagonisten. Sie sind live in der Lage, Gedanken auszutauschen, während sie sich durch ein sehr breites Spektrum an Stimmungen und Redewendungen bewegen – der Eröffnungstitel von „Rivages“ beispielsweise greift sowohl auf eine traditionelle bulgarische Melodie als auch auf ein Thema von Schumann zurück – oder sie wagen den Sprung in die totale Improvisation. „Miroirs“, „Feux Follets“ und das Sologitarrenstück „Derivando“ sind allesamt Improvisationen, jeweils mit ausgeprägtem Formgefühl.
Der Duo-Kontext, so formuliert es Sedikki, ermöglicht „große Freiheit, eine unmittelbare Reaktion, einen vollständigen Dialog, eine Wertschätzung der Stille und der Zeit.“

Jean-Louis Matinier (Frankreich)- Akkordeon
Kevin Seddiki (Frankreich)- Gitarre


Sonntag, 29. September 2023 / 15.00 Uhr

Adam Bałdych und Helge Lien
(Polen, Norwegen)
„Brothers“

»Adam Bałdych ist der Geiger geworden, dem inzwischen fast jeder zutraut, das Instrument aus der Ecke des süßen Kitschs und der hüftsteifen Klassik zu befreien.​« (Jazz thing, September 2017)


Wie groß das Klangspektrum der Violine doch wird, wenn man ihr neben den klassischen Techniken auch die Möglichkeiten des Jazz und der Popmusik erschließt. Mal packt Adam Bałdych zu wie ein Rockmusiker, dann malt er lyrisch wie Claude Debussy. Mal packt Bałdych er melancholisch durch die osteuropäische Volksmusik und landet dann wieder sicher auf dem Groove des Jazz. Es ist dieses Grenzenlose, das Bałdychs Musik über die Zirkel des Jazz hinaus zum Ereignis macht. In Polen galt der 29-jährige Jazzgeiger schon früh als Ausnahmetalent. Heute wissen wir, dass er zu den wenigen großen Virtuosen der Violine im Jazz gehört.

Seit 2015 spielt er mit dem norwegischen Helge-Lien-Trio und mit Lien im Duo.
„Helge und ich haben tausende von Kilometern hinter uns gebracht und wurden dabei mehr als nur musikalische Begleiter…“

„Brothers“ heißt Adam Bałdychs – dem Andenken seines verstorbenen Bruders gewidmete – Album, und es geht ihm und Helge Lien dementsprechend um mehr als nur Virtuosität oder Unterhaltung: „Ich möchte, dass meine Musik in die Zeit, in der wir leben, eindringt und sie reflektiert; dass sie ihre Sorgen und Sehnsüchte aufnimmt.“ Ein hohes Ziel, das sich in Songtiteln wie „Faith“, „Love“, „One“ oder „Shadows“ spiegelt. Das Duo schlägt dabei einen Bogen von der rockigen Hymne („Elegy“) über die von Moll in Dur wechselnde Ballade („Faith“) und das lyrische Beschwören der Einheit („One“), den sein Thema aufgewühlt umkreisenden Titeltrack („Brothers“) bis zum fast aus dem Nichts kommenden und dorthin wieder ausklingenden „Hallelujah“ von Leonard Cohen.

„Wir balancieren auf dem Grat zwischen Schrei und Stille“, so beschreibt es Baldych. Und weil sich im Zusammenspielt polnische und skandinavische Sounds, amerikanische und europäische Improvisationstradition, Stile und Genres so brüderlich vereinen und ergänzen, wird auch der mitgerissene Hörer zum Bruder im Geiste.

Adam Baldych (Polen) – Geige
Helge Lien (Norwegen) – Klavier